OZG 2.0 – Großes Update oder Never Ending Story?
Nach langer Wartezeit hat der Bundestag Ende Februar das Nachfolgegesetz zum Onlinezugangsgesetz (OZG-Änderungsgesetz – OZGÄndG, landläufig als „OZG 2.0“) verabschiedet. Die Novellierung enthält dabei einige relevante Änderungen – aus Sicht des Nationalen Normenkontrollrats gibt es dabei jedoch noch viel „Potenzial nach oben“¹. Doch was genau kennzeichnet die zentralen Aspekte des OZG-Änderungsgesetz?
Die Neuauflage des Gesetzes konzentriert sich angesichts einer ernüchternden Bilanz des Vorgängers (und Zeitdrucks seitens der EU-Verordnung zum Single-Digital-Gateway – SGD) verstärkt auf eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern als zentralen Akteuren. So sollen schneller – und insbesondere einheitlich – Verwaltungsleistungen digital für Bürgerinnen und Bürger bereitgestellt werden. Wesentlich ist dabei das Angebot zentraler Basisdienste durch den Bund, wodurch eine Vielzahl landeseigener Entwicklungen zum Bürgerkonto und Postfach ersetzt werden. Daneben sollen durch das BMI bis 2026 Vorgaben zu Standards und Schnittstellen vorgenommen werden. Die vorgesehene Once-Only-Generalklausel² im E-Government-Gesetz und die gleichzeitige Abschaffung der Schriftformerfordernis sollen die „Zettelwirtschaft“ und nicht notwendige Behördengänge reduzieren. Weiterhin müssen durch die Behörden mehr Bezahlmöglichkeiten angeboten werden. Eine verbindliche Frist wie beim OZG-Vorgänger gibt es diesmal nicht. Jedoch können die Nutzerinnen und Nutzer ab 2028 die Bereitstellung digitaler Verwaltungsleistungen auf dem Rechtsweg durchsetzen, jedoch ohne Anspruch auf Schadenersatz und Entschädigung. Ebenso neu ist, dass nach drei Jahren eine Evaluierung erfolgt.
Auch die OZG-Novellierung wird aller Voraussicht nach nicht den erhofften Durchbruch in der Verwaltungsdigitalisierung bringen. Es fehlt weiterhin an Verbindlichkeit und professioneller, übergreifender Steuerung (keine konkreten Meilensteine, keine Fristen usw.). Die Lehren aus den bisherigen Erfahrungen mit dem föderalen Umsetzungsmodell wurden nicht konsequent gezogen. Ebenso mangelt es a) an einem leistungsfähigen technischen Fundament, wodurch die schnelle Verbreitung von innovativen IT-Lösungen gehemmt wird, und b) an strategischer Klarheit, was sich in der fehlenden Plattformstrategie ausdrückt.
Immerhin: Aus Sicht der Kommunalverwaltungen bedeutet das Onlinezugangsgesetz 2.0 unmittelbar keinen zusätzlichen bürokratischen Aufwand. Hier lautet die Devise weiterhin, sich bestmöglich vorzubereiten und die Voraussetzungen für den Anschluss an Portalverbünde zu schaffen und die Verknüpfung von Antragsassistenten mit der eigenen Fachverfahrenslandschaft vorzudenken. Die Kommunen als Verwaltung vor Ort stecken hier in einem Dilemma: Auf der einen Seite besteht interner und externer Handlungsdruck und auf der anderen Seite droht die Gefahr, bei der Umsetzung ‚auf eigene Faust‘ Lösungen einzuführen, die sich schnell als nicht nachhaltig erweisen könnten.
Was können Sie konkret tun?
Zunächst sollten die Kommunen ihren eigenen Produkt- und Leistungskatalog dahingehend prüfen, ob es sich um vom OZG betroffene Leistungen handelt. Eine Priorisierung kann dabei anhand der EfA-Leistungen vorgenommen werden. Dabei können sich Kommunen zu bereits zentral bereitgestellten Leistungen (z. B. über Amt24) informieren und deren Reifegrad einsehen. Doch im Sinne der Ende-zu-Ende-Digitalisierung gilt es auch, den Blick nach innen auf die eigenen Verwaltungsabläufe zu richten. Im besten Fall liegen diese dokumentiert vor und werden in Vorbereitung auf die Bereitstellung digitaler Leistungen nach und nach erst optimiert und anschließend mithilfe von Fachsoftware und E-Government-Basiskomponenten (z. B. DMS) bestmöglich digitalisiert und automatisiert. Das Geschäftsprozessmanagement bildet somit einen wichtigen Wegweiser für die Digitalisierung, ohne den schnell das eigentliche Ziel aus den Augen verloren wird. Neben den Geschäftsabläufen gilt es ebenso das zur Verfügung stehende Personal zu befähigen, mit ggf. neu hinzukommenden Tätigkeiten und veränderten Prozessen umzugehen und insbesondere digitale (Kern-)Kompetenzen aufzubauen. Dies betrifft vor allem die Führungskräfte, die in diesem Zusammenhang eine Multiplikatoren-Rolle einnehmen. Weiterhin sollten Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten für Organisation und IT bzw. Digitalisierung aufbauorganisatorisch verankert werden, um feste Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner (z. B. Digital-Navigatoren) zu definieren. Mit Blick auf die eher technische Komponente können eingesetzte Fachverfahren und deren Schnittstellen auf ihre Kompatibilität zu den vorgegebenen Standards überprüft werden und der Rückgriff auf bereits bereitgestellte Antragsassistenten erfolgen.
Doch all das können – und müssen – Kommunen nicht allein bewältigen. Potenziale liegen vor allem in den Verbundräumen vor Ort, wenn sich Akteure abstimmen und auf gemeinsame Ziele hinarbeiten. Der sächsische Städte- und Gemeindetag (SSG) entwickelt aktuell eine Anleitung zur interkommunalen Zusammenarbeit und digitalen Kooperation, der den kleineren sächsischen Kommunen (bis ca. 15.000 Einwohner) konkrete Handlungsfelder und Maßnahmen an die Hand geben soll.
Wir freuen uns, dass wir den SSG bei diesem Projekt unterstützen dürfen. Haben wir auch Ihr Interesse geweckt? Dann kommen Sie gerne auf uns zu und vereinbaren ein unverbindliches Erstgespräch!
Ihr Ansprechpartner:
Dr. Daniel Löffelmann
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¹ Nationaler Normenkontrollrat – Endlich da. Mit deutlichen Verbesserungen, aber ohne Mut zum großen Wurf. Abrufbar unter: https://www.normenkontrollrat.bund.de/Webs/NKR/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/2024-02-23-bundestag-verabschiedet-ozg.html
² Soll die Wiederverwendung und den Austausch von Daten bzw. Nachweisen zwischen den verschiedenen Behörden und Stellen der öffentlichen Verwaltung ermöglichen. Einmal eingegebene oder anderweitig dem Staat bekannte Daten müssen dann von den Bürgerinnen und Bürgern oder Unternehmen nicht erneut erfasst werden.