E-Akte: Digitalisierung First – Nachdenken Second?
„Was ist schon dabei, ein paar Dokumente vom Schreibtisch einzuscannen?“ Dieser und andere Gedanken zur Trivialität der E-Akte sind vielen Verwaltungen in ihrem Vorhaben zum Verhängnis geworden. Obwohl in einigen Bundesländern, beispielsweise in Sachsen, (noch) keine Verpflichtung zur elektronischen Aktenführung für die Kommunen besteht, sind die positiven Effekte der Digitalisierung wie Schnelligkeit, Verfügbarkeit, Nachhaltigkeit für Verwaltungen unverkennbar. Diese sind nicht nur vorteilhaft, sondern angesichts des Fachkräftemangels und zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität auch zwingend notwendig.
Wird demzufolge das Projekt ‘Einführung der E-Akte’ beherzt mit der Beschaffung eines Dokumentenmanagementsystems (DMS) angegangen, folgt oft die Ernüchterung. Die Anbieter von DMS verlangen von der Verwaltung Dokumente, Unterlagen und notwendige Vorbereitungsarbeiten (u. a. Prozessmodell des Postlaufs, Aktenplan, Rechte- und Zugriffsverwaltung, Organigramm mit Nutzenden und Funktions-Emailadressen), welche die Beschäftigten oftmals überfordern, oder implementieren eine vorgefertigte Struktur, die nicht auf die individuellen Bedürfnisse der Verwaltung passfähig ist. Als Folge finden wir Frustration und Verwirrung bei den Mitarbeitenden, eine doppelte Aktenführung (analog und digital) mit jeweils unvollständigen oder redundanten Akteninhalten sowie letztendlich häufig eine Nicht-Nutzung des teuer erworbenen DMS und zugehöriger Hardware vor.
Eine Situation, die sich ähnlich auch in der Stadtverwaltung Johanngeorgenstadt wiederfand. Nach Reaktivierung des Projekts ‘Einführung eines DMS und der E-Akte’ im Februar dieses Jahres folgte mit Hilfe des Projektmanagements eine erneute Planung, Priorisierung sowie Steuerung und Durchführung notwendiger Aktivitäten. Im Verlauf der letzten Monate konnte ein produktbasierter Aktenplan mit prozessbasierter Ablagestruktur und ein Rollen- und Rechtekonzept erarbeitet werden. Mithilfe eines Workshops wurde der SOLL-Prozess ‘Posteingang’ im DMS mit Regelungen zu E-Mail-Postfächern, deren Nutzenden und die Rollenverteilung als Ergebnis festgehalten und diese sowie die weiteren erarbeiteten Dokumente an den zuständigen Dienstleister übermittelt. Somit steht die Testphase zur Anwendung des DMS und der E-Akte des ersten Verwaltungsbereiches kurz bevor. Alle weiteren Amtsbereiche sollen anschließend mit dem gleichen Schema folgen.
Die Devise lautet: Digitalisierung ist keine technische, sondern eine fachlich-organisatorische Herausforderung. Aufkommende Fragen von „Hängen wir nun unseren Briefkasten ab?“ bis hin zu “Was kommt in die E-Akte?” müssen im Vorfeld durchdacht und beantwortet werden. Wie umfangreich der Regelungsbedarf zur erfolgreichen Einführung eines DMS und der E-Akte sein kann, thematisieren wir in unserem kommenden Newsletter: “Zurück in die Zukunft – Der Weg zur E-Akte“.
Ihre Ansprechpartnerin:
Victoria Kerzig