
Aktueller Erlass des Sächsischen Staatsministeriums des Innern: Erleichterungen für die kommunale Haushaltsführung in außergewöhnlichen Zeiten
Das Sächsische Staatsministerium des Innern hat am 21. Juli 2025 im Einvernehmen mit dem Sächsischen Staatsministerium der Finanzen einen wichtigen Erlass zur Anwendung des kommunalen Haushaltsrechts veröffentlicht. Dieser Erlass reagiert auf die anhaltende, außergewöhnliche Haushaltslage der sächsischen Kommunen, die durch multiple Krisen und die allgemeine konjunkturelle Situation geprägt ist. Als B & P Management- und Kommunalberatung GmbH möchten wir Sie über die wesentlichen Erleichterungen und deren Implikationen informieren.
Hintergrund der außergewöhnlichen Haushaltslage
Die Haushaltslage vieler sächsischer Kommunen ist derzeit durch ein überproportionales Ausgabenwachstum gekennzeichnet, das nicht mit der Einnahmeentwicklung Schritt hält. Dies führt zu Defiziten, die auch durch konsequente Sparmaßnahmen oft nicht kompensiert werden können. Viele Ausgaben resultieren aus gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben oder unzureichend refinanzierten Bundesaufgaben. Ziel des Erlasses ist es, die akuten Auswirkungen dieser Lage abzumildern, eine rechtssichere Planung zu ermöglichen und die Handlungs- sowie Investitionsfähigkeit der Kommunen übergangsweise sicherzustellen.
Wesentliche Erleichterungen für betroffene Kommunen
Der Erlass definiert präzise, welche Kommunen als „betroffen“ gelten und somit von den Erleichterungen Gebrauch machen dürfen. Dies sind ausschließlich solche, die in den Haushaltsjahren 2025 bis 2027 (oder im zweiten Jahr von Doppelhaushaltssatzungen 2027/2028) erstmals die gesetzlichen Anforderungen an den Ausgleich des Ergebnishaushalts (§ 72 Abs. 3 SächsGemO) oder die Gesetzmäßigkeit des Finanzhaushalts (§ 72 Abs. 4 SächsGemO) verfehlen oder bei denen sich entsprechende Defizite wesentlich erhöht haben. Eine Anwendung des Erlasses ist nur möglich, wenn die Betroffenheit gegenüber der Rechtsaufsichtsbehörde glaubhaft nachgewiesen wird, indem dargelegt wird, dass die Defizite im Wesentlichen auf externe Umstände zurückzuführen sind. Kommunen, die diese Kriterien nicht erfüllen, fallen nicht unter die Regelungen dieses Erlasses.
Für diese Kommunen gelten folgende zentrale Erleichterungen:
- Kassenkredite: Genehmigung des Höchstbetrages für Zahlungsfähigkeit wird in der Regel erteilt; Nutzung ist rechtsaufsichtlich nicht zu beanstanden. Rückführung bis Ende 2037; dauerhafte Inanspruchnahme bis dahin nicht sanktioniert.
- Investitionskredite: Aufnahme für infrastrukturelle Maßnahmen, wirtschaftliche Investitionen oder Darlehensvergaben ist auch bei wesentlichen Aufwendungen zulässig. Genehmigung erfolgt in der Regel auch bei Zweifeln an dauernder Leistungsfähigkeit. Entsprechendes gilt für Verpflichtungsermächtigungen.
- Nachtragssatzungen: Pflicht zum Erlass entfällt, wenn durch außergewöhnliche Haushaltslage verursacht. Beschluss des zuständigen Organs ausreichend und der Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen.
- Über- und außerplanmäßige Aufwendungen/Auszahlungen: Voraussetzungen liegen auch bei erheblichem Fehlbetrag vor. Finanzierung gilt als gewährleistet, wenn ausreichende Mittel vorhanden sind, unabhängig von deren Herkunft.
- Ergebnishaushalt: Rechtsaufsichtlich nicht zu beanstanden, wenn nicht jedes Jahr ausgeglichen. Kommunen sind zur Aufstellung eines Haushaltsstrukturkonzeptes bis spätestens 2028/2029 (je nach Haushaltsjahr) zu beauflagen, falls Konsolidierung nötig.
- Fehlbetragsvortrag: Fehlbeträge der Haushaltsjahre 2025 bis 2027/2028, die nicht durch Rücklagen gedeckt werden können, dürfen vorgetragen werden. Bis Ende 2037 zu decken; Vortrag bis dahin nicht sanktioniert.
- Haushaltsstrukturkonzept bei Überschuldung: Die Pflicht zur Aufstellung im Falle einer Überschuldung gemäß § 72 Absatz 5 Sächsische Gemeindeordnung entfällt.
- Finanzhaushalt: Rechtsaufsichtlich nicht zu beanstanden, wenn zur Herstellung der Gesetzmäßigkeit auch verfügbare Mittel im Zahlungsmittelsaldo aus Finanzierungstätigkeit und liquide Mittel (inkl. Kassen- und Kontokorrentverbindlichkeiten) herangezogen werden. Auflage eines Haushaltsstrukturkonzeptes spätestens 2028/2029 (je nach Haushaltsjahr) bei weiterer Konsolidierungsnotwendigkeit.
Trotz der Erleichterungen sind die Kommunen weiterhin angehalten, verantwortungsvoll mit den eingeräumten Möglichkeiten umzugehen. Dies beinhaltet eine eingehende Prüfung der Ausgaben und die Ausschöpfung vorhandener Sparpotenziale. Fristsäumige Kommunen sind zudem dringend gehalten, den Abbau von Bearbeitungsstaus bei der Auf- und Feststellung der Jahresabschlüsse zu forcieren, da aktuelle Ist-Abrechnungen essenziell für Transparenz und valide Haushaltsplanung sind. Betroffene Kommunen müssen der Rechtsaufsichtsbehörde darlegen, welche eigenen Maßnahmen zur Defizitreduzierung geplant bzw. bereits ergriffen wurden.
Der Erlass des Sächsischen Staatsministeriums des Innern stellt eine wichtige und notwendige Anpassung des kommunalen Haushaltsrechts an die aktuelle, herausfordernde Situation dar. Er bietet den Kommunen einen dringend benötigten Handlungsspielraum, um ihre Aufgaben der Daseinsvorsorge und Investitionen weiterhin wahrnehmen zu können.
Als B & P stehen wir Ihnen gerne zur Seite, um die Auswirkungen dieses Erlasses auf Ihre spezifische Haushaltslage zu analysieren. Wir bieten Ihnen umfassende Unterstützung bei der Haushaltsplanung, der Erstellung von Jahresabschlüssen und der Entwicklung von freiwilligen Haushaltskonsolidierungskonzepten, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit Ihnen nachhaltige Lösungen zu erarbeiten und Ihre Handlungsfähigkeit langfristig zu sichern. Zögern Sie nicht, uns für eine individuelle Beratung zu kontaktieren!
Ihr Ansprechpartner:
Tom Linse
Abteilungsleiter Haushalt und Rechnungswesen
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